Die Bezwingung des Dümmer Sees

Nach einer Absage im letzten Jahr auf Grund von Verkrautung  fand die Dümmer-Meilen-Regatta dieses Jahr zum 18. Mal statt. Trotz angekündigtem Regen, mäßigen Temperaturen und ordentlich Wind wagten sich einige Boote auf das nun zwar krautfreie, dafür aber vom Wind getriebene Wasser des Dümmer Sees bei Lembruch in Niedersachsen.

Auch der KCfW war wieder mit von der Partie, jedoch nicht wie gewohnt mit einem vollen Aufgebot aus mehreren 4x+ im Kampf u.a. um den Pokal mit den meisten Vereinskilometern, sondern diesmal mit nur einem 2x+, besetzt mit drei U30-Ruderern des KCfW: Leon Lauer, Tiemo Pokraka und Maximilian Kroh. Mit unserer ersten komplett selbst organisierten Teilnahme an einer Regatta traten wir mit dem erklärten Ziel an, den vor zwei Jahren von unseren Vereinskameraden Michael Ehrle, Stefan Verhoeven und Markus Müller gewonnenen Wanderpokal für den 2x+ mit den meisten Dümmer Meilen durch einen 3. Sieg endgültig in unser Bootshaus zu bringen.

Doch das erste Problem stellte sich für uns einige Tage vor der Regatta, als uns auffiel, dass wir drei zwar alle theoretisch einen Bootshänger zum Dümmer ziehen könnten, uns allerdings ein geeignetes Zugfahrzeug fehlte. Glücklicherweise halfen uns die Müwaner aus, die unser Boot auf ihrem Hänger mitnahmen, sodass wir in Leons Twingo die Fahrt zum See antreten konnten.

Am Donnerstagabend vor der Regatta verluden wir die Stromathlet beim RTHC auf den Hänger der Müwa und Freitag nachmittags, Punkt 17:24 Uhr, brachen wir, vollbeladen mit unserem Gepäck, drei noch nicht endgültig für den KCfW gesicherten Wanderpokalen sowie sage und schreibe 20 Bananen, vom Bootshaus auf. Die Menge an Proviant und Wasser, die wir uns zugestanden hatten, stand in keinem Verhältnis zum späteren Bedarf, aber das hielt uns nicht davon ab vor der Autobahn noch schnell bei einem Supermarkt Halt zu machen. Nach einer weiteren halben Stunde saßen wir wieder im Auto und planten schon die schnellste Route nach Lembruch, als der Motor des Wagens einfach nicht mehr starten wollte. Gutes Zureden und Warten, das Ausrufen eines früheren Werbespruchs des Fahrzeugherstellers (Createur d’automobile) half dann scheinbar auf magische Weise den Motor doch noch zu starten, kurz bevor wir schon einen spontanen Besuch bei einem nahe gelegenen Autoverleiher machen wollten.

Endlich auf der Autobahn, konnte uns nur der obligatorische Stau auf dem Kölner Ring kurz einbremsen, hinter Leverkusen konnte uns nichts mehr aufhalten und wir näherten uns zügig unserem Ziel.

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Auf zum Dümmer!

Dort angekommen dämmerte es bereits und nachdem wir von den Organisatoren der Regatta vom SG Diepholz herzlich empfangen worden waren, luden wir im Schein unserer Taschenlampen unser Boot vom Hänger, riggerten es auf und klebten es sorgfältig mit Klebeband ab, um uns bestmöglich vor den Wellen zu schützen. Mit einem Bootswagen ging es dann die paar hundert Meter zum Jachthafen, wo schon die Boote unserer Konkurrenten lagen, wir entdeckten einen weiteren 2x+: Sollten wir diesmal nur einen Gegner in unserer Bootsklasse haben?

Nach einer guten Runde Schlaf und einem reichhaltigen Frühstück gingen wir nach der Obleutebesprechung gemeinsam zu unserem Boot im Jachthafen. Die Verteilung des Gepäcks, und ein kurzer Blick auf das bereits vom Wind aufgewühlte Wasser des Sees ließen uns erst eine halbe Stunde nach Start der Regatta auf das Wasser. Noch im schützenden Hafen erwies sich ein Knoten, mit dem die Handsteuerleine am Ruder festgemacht worden war als zu schwach, was zu einem nochmaligen Anlegemanöver führte, wo uns ein freundlicher Helfer einen haltbaren Knoten knüpfte.

Nun waren wir bereit für die erste Runde und stachen in See: Tiemo auf Schlag, Leon im Bug und ich hatte für die erste Runde auf dem Steuersitz Platz genommen, mit 5 Lagen Klamotten (Hemd, Trikot, Weste, Pullover und Sweatshirt) sowie gleich 3 Rettungsdecken als Schutz gegen Wind und Nässe.

Die Fahrt über den Dümmer See führt bei dieser Regatte um 4 gelbe Wendebojen, die ein Rechteck an den äußeren Enden des Sees bilden. Der dadurch festgelegte Kurs beträgt rund 13 km und wird durch Umweltschutzgebiete an den Ufern begrenzt. Zusätzlich wird die dritte Runde als schnellste Runde gewertet. An jeder Wendeboje notiert ein Streckenposten die Zwischenzeiten, am Start/Ziel gibt es eine Ruhezone, in der die Zeit gestoppt wird, falls man Anlegen, etwas Essen bzw. Trinken oder den Steuermann wechseln möchte. Jede gefahrene Runde wird als Dümmer Meile bezeichnet und wer zwischen 08:30 Uhr und 17:00 Uhr die meisten Meilen errudert hat, gewinnt das Rennen.

Nach Überqueren der Startlinie empfing uns die raue See, auf der ersten Flanke der Strecke kam der Wind von Steuerbord und trieb unaufhörlich Wellen unter und über unser Boot hinweg. Das Abkleben verhinderte zwar das Schlimmste, trotzdem waren wir sehr bald klatschnass. Aber obwohl die beiden Ruderer mit den Wellen zu kämpfen hatten, machten wir gut Fahrt und erreichten die erste Wendeboje,  wo wir eine 90°-Wende nach Steuerbord in Richtung der nächsten Boje fuhren. Jetzt fuhren wir frontal gegen den Wind und gegen die nochmal höheren Wellen. Da der See an dieser Stelle besonders flach ist, stauten sich die Wellen zusätzlich auf. Doch noch war es nur anstrengend gegen den Wind anzukämpfen, das meiste Wasser blieb draußen und in der ersten Runde konnten wir auf das Schöpfen komplett verzichten. Die im Vergleich zu den Vierern kurze Stromathlet pflügte unbekümmert über und durch die Wellenberge, ohne dass wir darin versunken wären. Die Abdeckungen, der Wellenbrecher und die abgeklebten Seiten leisteten gute Arbeit. Auf den letzten beiden Seiten der Strecke, einmal auf der windabgewandten Seeseite und das letzte Stück zum Ziel mit Rückenwind, war für Leon und Tiemo die Gelegenheit bei relativ ruhigem Wasser mehr Fahrt aufzunehmen und die Rundenzeit etwas zu verbessern.

Nach der ersten Runde fuhren wir in die Ruhezone und legten an, um im windgeschützten Hafen den Steuermann zu tauschen, Tiemo löste mich auf dem Steuersitz ab, ich wechselte auf den Schlagplatz und im Bug saß weiterhin Leon. Eine Banane und ein paar Energieriegel später fuhren wir wieder raus auf den See, unsere 2. Runde hatte begonnen.

Der Wind hatte nochmal etwas zugelegt und so wiederholte sich das Schauspiel auf der ersten Seite des Sees mit gesteigerter Intensität: Wellen über Wellen, die Stromathlet wurde wie eine Nussschale quer zur Fahrtrichtung von Wellenkamm zu Wellenkamm getragen, während Leon und ich versuchten so viel Kraft wie möglich in unsere Skulls zu übertragen ohne die Skulls beim Ausheben aus den Händen zu verlieren oder in der nächsten Welle hängen zu bleiben. Unser Ziel war es, diese windigste Seite von allen so schnell wie möglich zu verlassen. Obwohl unser Steuermann einen kleinen Umweg in die Bucht einer Landzunge steuerte, erreichten wir (gefühlt) wenig später dann doch die erlösende erste Wendeboje und konnten die Wellen dann wieder frontal angreifen. Hinter uns war seit Start der Runde ein 4x+, der beständig näher gekommen war. Als wir nun jedoch auf die zweite Seite einschwenkten, konnten wir wieder Boden gut machen und der 4x+ wurde wieder kleiner.

Dafür wurde die Menge an Wasser in unserem Boot immer größer und wir waren zu einem ersten Nothalt gezwungen, um Wasser aus dem Boot zu schöpfen. Das Schöpfgerät erwies sich als zu groß, also blieb uns nur der mitgeführte Schwamm um eilig etwas Wasser herauszusaugen. Die Lensklappen konnten wir auf Grund des Gegenwindes und der relativ geringen Fahrt noch nicht effektiv einsetzen. Zum Glück hatte uns Thomas Haarhoff, besorgt um unsere Sicherheit (An dieser Stelle nochmal vielen Dank, Thomas!), vor Start des Rennens zwei seiner Pumpen angeboten, die wir dankbar annahmen. Nun kamen sie zum Einsatz und wurden per Schalter aktiviert. Und tatsächlich: Die Pumpen gurgelten und das Wasser im Boot wurde merklich weniger. Erleichtert setzten wir unsere Fahrt fort, während die Pumpen weiterliefen. Der Wind sorgte für ordentlichen Wassernachschub, doch höher wurde der Wasserstand im Boot vorerst nicht.

Inzwischen war der 4x+ wieder rangekommen und wir setzten uns mit etwas Kraft vor der nächsten Wendeboje wieder leicht vor ihn. Auf der windabgewandten Seeseite, gegenüber vom Ziel ließ der Wind wieder etwas nach, dafür verdunkelte sich der Himmel über uns und mit einem Mal setzte ein Platzregen ein, der das Wasser mit unzähligen Einschlägen aufwühlte. Doch wir ruderten unermüdlich weiter und steigerten unsere Geschwindigkeit auch noch, da sich die Wellen merklich abgeschwächt hatten. Jetzt wollten wir die verlorene Zeit auf den ersten beiden Abschnitten wieder aufholen und nach ein paar Minuten hörte der Regen auch wieder so plötzlich auf, wie er gekommen war. Wohl wissend, dass wir noch nicht in der dritten Runde waren, die als schnellste gewertet werden würde, entschlossen Leon und ich uns nun zu einer Sprinteinlage, um den 4x+ endgültig abzuhängen. Und so schossen wir mit einem langen, aber kraftvollen Schlag regelrecht über das Wasser, auf den Segelhafen mit der letzten Wendeboje vor dem Ziel zu.

Dort angekommen gingen wir nach einem kurzen Stop in unsere 3. Runde, die zugleich als schnellste Runde gewertet wurde. Die Motivation war entsprechend groß den 4x+ zumindest eine gute Zeit entgegenzusetzen, auch wenn wir kaum eine realistische Chance hatten die schnellste Runde zu fahren. Leon übernahm die Steuerleine, Tiemo und ich ruderten uns durch die hohen Wellen und schon bald begriffen wir, dass unsere schnellste Runde wahrscheinlich schon hinter uns lag und wir durch den Wind und die Wellen bedingt keine volle Kraft fahren konnten. Wir waren froh nicht permanent Wasser zu tanken und entschieden uns daher zu einem der Situation angemessenen Fahrstil. Nach einem weiteren „schöpferischen“ Pause kämpften wir uns wieder Richtung Ziel.

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Mittagspause…

Dort machten wir unsere wohlverdiente Mittagspause und wärmten uns im Pausenraum auf, wo eifrig zwischen den Vierermannschaften diskutiert wurde, wieviele Runden noch zu rudern seien und wer wieviele Meilen bereits auf dem Konto hatte.

Wir beobachteten den weiter zunehmenden Wind sowie die nun langsam mit Gischtkronen besetzten Wellen mit Sorge und beschlossen bei der Rennleitung nachzufragen, wo wir inzwischen in der Wertung standen. Als wir die Zusicherung bekamen, dass wir den Pokal längst sicher hätten, da der eine 2x+ nicht angetreten und der andere 2x+ noch vor der ersten Runde aufgegeben hatte, schwand mit einem Mal die Motivation uns noch ein viertes oder fünftes Mal durch die Wellen zu kämpfen und womöglich ein Vollschlagen des Bootes zu riskieren. Wir beschlossen die Regatta siegreich und hocheffizient mit nur 3 Runden zu beenden, das Boot rauszuholen und uns erstmal eine heiße Dusche zu gönnen. Gesagt, getan. Nachdem das Boot vorerst auf der Wiese abgelegt worden war, gingen wir triefnass zu unserem Zelt und unter die Dusche. Dort waren wir für die nächste halbe Stunde nicht mehr wegzubekommen. Frisch geduscht verluden wir unser Boot wieder auf den Hänger der Müwa.

Nachdem das erledigt war, versorgten wir uns mit lecker Gegrilltem und beobachteten das traditionelle Herausforderungsrennen Stadtobere gegen Kaufleute der Stadt Diepholz, diesmal vom See auf einen 500m langen Abschnitt der Lohne verlegt. Ein spritziges Vergnügen, das mit großem Hallo der Zuschauer verfolgt wurde.

Wenig später kam es endlich zur Siegerehrung, zu vergeben waren 5 Pokale: Der Pokal für die meisten Runden eines 2x+ ging logischerweise an uns, da wir die einzige 2x+-Mannschaft waren, die mehr als nur die Ausfahrt des Hafens gesehen hatte. Die Pokale für die schnellste Runde und für die meisten Runden gingen an die Mannschaft der Müwa, der Pokal für die meisten Kilometer eines Vereins gingen an den Oldenburger Ruderverein (ORVO).

Alle Pokale waren vergeben, bis auf den größten, der noch ganz neu und in Zellophan eingepackt auf dem Preisrichtertisch stand. Ein kurzer Moment der Stille bis der Regattaleiter zu Sprechen begann. Tiemo, Leon und ich raunten uns zu, dass der Pokal jetzt wahrscheinlich wieder eingepackt würde, da ja keine reinen U19-Mannschaften teilgenommen hatten. Doch es kam anders: Leon konnte sein Glück kaum fassen, als er unter unserem frenetischen Beifall nochmal nach vorne gerufen wurde, um den Pokal überreicht zu bekommen, da er mit seinen 18 Jahren der einzige U19-Teilnehmer dieser Regatta war.

So standen wir wenig später zu Dritt vor dem Flaggenkreuz der SG Diepholz für das Gruppenfoto, zwei Pokale und eine Flasche zum Anstoßen in der Hand und freuten uns einen Ast, dass wir für unsere drei kämpferischen Runden so reich belohnt wurden:

Am nächsten Morgen wurde dann der Twingo wieder vollgepackt, die zwei Pokale sorgsam abgepolstert. Als wir endlich alle im Auto saßen und Leon den Zündschlüssel drehte, holte uns unser Erlebnis von der Hinfahrt wieder ein: Der Motor wollte nicht anspringen. Wir warteten, versuchten es nochmal: Nichts passierte. Wir schauten in den Motorraum und prüften den Sitz der Steckverbindungen: Nichts half. Wir schoben den Wagen vom Hof und auf die kurze Verbindungsstraße, schoben den Wagen ordentlich an und Leon versuchte zu starten: Kein Erfolg. Wir resignierten und parkten den Wagen auf dem Grasstreifen, der ADAC wurde gerufen und kam relativ zügig. Wir erklärten unser Problem und 15 Minuten später waren wir endlich auf dem Weg nach Hause. Was war der Fehler? Beim Aufschließen mit dem Funkschlüssel wird manchmal die elektronische Wegfahrsperre nicht mit entsperrt, wir hatten also die ganze Zeit versucht die Wegfahrsperre zu umgehen.

 

Insgesamt eine tolle Regatta, es war nass, es war teilweise kalt, es war anstrengend, aber es war auch eine super Teamleistung und hat riesig Spaß gemacht. Gerne wieder, Jungs! 🙂

Zum Schluss ein kleines Video: