34. Winterwanderfahrt des KCfW auf dem Rhein von Worms bis Köln

von Kerstin Markus

Die Motivation an der berühmten Winterwanderfahrt „zwischen den Tagen“ auf dem Rhein teilzunehmen sind bekanntlich unterschiedlich: Jahresabschluss der Ruderei unter Freunden, pure Ruderlust, Bereitschaft zur extremen Leidensfähigkeit (unkalkulierbares Wetter), Neuerkundung unbekannter Ruderreviere, das komplettieren von Kilometerzielen unterschiedlichster Höhen: Erreichen des Fahrtenabzeichens (Daniel Ehrle), weiteres Knacken der 16.000 km-Grenze (Christoph Stephan), seinen Vater auf der Vereinsliste zu überholen (Paul Hillenberg), Erreichen der absoluten Kilometergleichheit mit einer Vereinskameradin an oberster ORVO-Spitze bei den Frauen (ich).

34_WWF_3er_TonneSeit 34 Jahren in bewährter Zuverlässigkeit wird die Tour von Christoph Ehrle organisiert. Die anreisenden Ruderer stammen aus der gesamten Republik, das heißt aus dem gesamten Dreieck Oldenburg-Berlin-Cannstadt. Viele Ruderer sind jährlich wiederkehrend dabei „Same Procedure as last Year?” „Same Procedure as every year!”, einige schon ihr Leben lang (Daniel !). Aus der Ferne reisten wir schon am 2. Weihnachtstag zum Bootshaus an und wurden von Chrissi willkommen geheißen und verpflegt, denn am 27.12. ging es pünktlich um 6 Uhr beim KCfW los, da die Rudertage um diese Jahreszeit bekanntlich noch sehr kurz sind. Also: Aufstehen vor dem Wachwerden und Aufbruch nach Worms, einem wunderschönen Sonnenaufgang im Hunsrück entgegen. Wir hatten 21 Ruderplätze ( 3 x 5x- und 2x 3x-) und einen Landdienst, dazu Unterstützung bei der Anreise durch Christian Hillenberg und Karin Otto (row-sharing für einen Tag). Die Ruderboote waren zügig geriggert, die beiden Oldenburg-Boote „Watjes“ und „panta rhei“ wurden mit gebastelten Abdeckungen versehen, und für die „panta rhei“, erst vor einer Woche getauft, waren es die ersten Rheinkilometer.

Bei wunderschönstem Sonnenwetter und sehr niedrigem Rheinwasserstand genossen wir den Jahresausklang. Mittagspause in der „Kutscherstube“ in Oppenheim, dann die Nachmittagsetappe bis Mainz. Hier übernachteten wir in der Jugendherberge, die durch einen kleinen Gang durch den Park (Es heißt ja „Wanderfahrt“ 😉 ) zu erreichen war. Der nächste Morgen in Mainz war spannend, denn das warme Winterwetter in Verbindung mit Windstille sorgte für stehende Nebelbänke. Wir warteten ab. Endlich riss der Nebel auf: Klare weite Sicht auf die gegenüberliegende Uferseite. Also ließen wir zunächst die schwereren Fünfer zu Wasser: „Füchschen“, „Liebchen“ (beide vom KCfW) und „Wolke 77“ (vom KRV ´77), zumal die Dreier recht stark besetzt waren. Dann kamen die beiden Dreier zu Wasser. Flussabwärts baute sich nach dem Ablegen eine erneute Nebelbank auf. Wir kreuzten auf die Flussaußenkurve sufgrund des erhofften Ausblicks auf die Weinberge. Wir hatten nicht mitbekommen, dass die Fünfer auf der Innenkurve und damit dem inneren Flusslauf an der MRG geblieben waren. Der Nebel zog sich komplett wieder zu und wir schlichen hintereinander her, dicht unter Land. Wir wunderten uns, dass es keinen Fahrtenabbruch gegeben hatte, aber es hatte auch niemand sein Handy erreichbar gelegt. Angelika setzte sich in der Watjes auf „3“ auf die Rollschienen zur Steueransage und lotste uns außerhalb des Fahrwassers weiterhin dicht unter Land vorsichtig voran. Die Sache blieb mulmig. Schlussendlich holten wir ein Telefon aus der Tasche und sahen, dass uns der besorgte Uli und auch Christoph mehrfach zu erreichen versucht hatten.34_WWF_BrueckeInMainz 34_WWF_Nebeltonne 34_WWF_ChissiUliTelefon

Die Fünfer hatten bei der MRG die Fahrt abgebrochen und machten sich Sorgen. Wir schlichen noch weiter bis Eltville in der Hoffnung auf einen Rudersteg zum Anlegen. Den Rhein zu kreuzen trauten wir uns nicht, denn Schifffahrt war zwar vorhanden aber nur spät zu hören und definitiv nicht zu sehen. In Eltville war der Steg leider auch nicht im Wasser, so dass wir erst an einer Kies-Sandbank im Innenstadtbereich die Boote barfuß aus dem Wasser nehmen konnten. Wir hofften ja alle weiterhin auf eine spätere Fortsetzung der Tour und suchten uns ein Lokal zum Einkehren. Nach dem Mittagessen blieb der Nebel weiterhin dicht, so dass Christoph Ehrle als Fahrtenleitung den Landdienst schon zurückgerufen hatte, um die Leute per Bulli nach St. Goar zu transferieren, einen Bootsanhänger auszuleihen und uns anschließend in Eltville einzusammeln. Viel später als durch Rudern trafen wir erst spät in St. Goar ein. Heute folgte der festliche Höhepunkt:

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Die sagenumwobene Feuerzangenbowle im Bootshaus St. Goar. Nach einem gemütlichen Nudelfassen (DANKE Moni!) machte sich der Großmeister der Feuerzangenbowle ans Werk. Pro Rudernase gab es nahezu einen halben Zuckerhut.

34_WWF_Morgenstimmung_StGoarshausenNach dem wenn auch nicht ruderreichen, dennoch ereignisreichen Tag ließen wir den Tag gemütlich und froh ausklingen. Lediglich die Ruderer mit den abgepassten Kilometerzahlen machten sich Gedanken, wie sie ihre Ziele nun noch erreichen konnten. Dafür wurden wir am folgenden Tag wieder mit strahlendem Sonnenschein und Einteilerwetter belohnt:

34_WWF_FlöckchenKleinerSalatMit Mittagspause in Lahnstein in der besten Bäckerei Deutschlands oder wahlweise in einer Pizzeria ruderten wir nach Neuwied.In so einer großen anpackenden Gruppe waren die Boote rasch über die Staumauer getragen. Am Abend waren wir in einer Gaststätte um kleine Häppchen zu uns zu nehmen. Auch „Flöckchen“ fand rasch einen kleinen Salatteller als Vorspeise, denn als Ruderer muss man ja sehr auf die Ausgewogenheit im Speiseplan achten!

34_WWF_MittagspauseBadHonnefDer vierte Rudertag führte uns zurück nach Köln und beinhaltete die längste Ruderstrecke mit über 70 Kilometern. Willi setzte alles daran, den Lahnsteiner Bäcker zu toppen und legte die Messlatte sehr hoch in seiner Kuchenteilchenauswahl! Bei etwas kühlerem aber weiterhin weitestgehend sonnigem Wetter tat auf der langen Strecke ein kleiner Kohlenhydrathappen und die Einkehr sehr gut. Wir Oldenburger ruderten an diesem Tag mit Paul (15 Jahre) im Boot. Thomas testete ein wenig die Wellengängigkeit der unsinkbaren „panta rhei“. Als wir endlich einen guten Hieb Wasser übernommen hatten fragte Paul ganz entspannt: „Soll ich jetzt die Lenzklappen aufmachen?“ Ein Lob auf die Entspanntheit der Jugend! Wir brauchen uns um die Zukunft des Wanderruderns scheinbar keine Sorgen zu machen! Beim KCfW waren die Boote schnell gereinigt und verstaut. Moni empfing uns mit einem Grünkohleintopf, der uns auf die Rückkehr in den Norden einstimmte.

Insgesamt eine wunderschöne Tour auf dem Rhein, den man jedes Mal neu erlebt, denn der Name der „panta rhei“ hat sich wieder einmal bewahrheitet. Diesmal eine Interpretation der Flusslehre Heraklits durch Goethe:

„Gleich mit jedem Regengusse
Ändert sich dein holdes Tal
Ach, und in dem selben Flusse
Schwimmst du nicht zum zweitenmal“

Anmerkung der Autorin: ersetze „schwimmst“ durch „ruderst“

Ein riesengroßer Dank an Christoph und Moni Ehrle für die Organisation und Vorbereitung! Ihr seid klasse und wir werden hoffentlich bald wieder mit Euch auf Tour sein, vielleicht auch in Oldenburg und umzu!